Samstag, Oktober 28, 2006

Wieder da.

Die Freundschaft wieder beleben, weil sie sich verabschiedet hat.
So wie es passiert, wenn zwei Menschen unterschiedliche Wege gehen. Keiner der beiden wollte es, doch dann sagt vielleicht einer die Verabredung ab und später klappt es an den anderen Abend auch nicht mehr. Die SMSen werden immer weniger, das Interesse am Anderen verschwindet merklich. Besonders die schweigenden Momente, die in jedem Gespräch da sind, werden nicht nicht mehr so locker überredet.
Es folgt die unverabredete Stille, länger als gewollt.
Doch an diesem Dienstagabend ist das alles vergessen. Irgendwie. Die Umarmung herzlich, ihr Lächeln bemüht interessiert. Der Bus bringt uns zum Hessendenkmal. Wir laufen den Cityring entlang, vorbei am Chinesischen Garten, hoch in die Berger.
Im Toffies sind zwei Stühle frei.
Wir reden über Selbstverwirklichung, Formen des Arbeitens, die nahe Zukunft. Unsere nicht vorhandene Nähe ist erstmal kein Thema. Sie dreht die Zigaretten jetzt selber. Geld sparen ist wichtiger als früher. Es fühlt sich alles fast an wie damals, ist aber anders. Die Cocktails lassen einen leichter damit umgehen. Am Ende des zweiten Caipirinha ist die Stimmung gut, Fotos werden gemacht, die Erinnerung verbildlicht.
Der Abend endet, dann doch, mit einem Gespräch über die Ferne, die sich eingeschlichen hat, in der Freundschaft. Man ist erschreckt, über die Fremdwahrnehmung des Anderen und die eigene, eingeschränkte Sicht der Dinge. Verletzungen fühlen sich, meistens nur auf der einen Seite, auch als solche an. Bei der Verabschiedung sind beide erleichtert, nicht nur irgendwie.

Dienstag, Oktober 24, 2006

Aufrichtnicht


Den geliebten Milchkaffee vor sich. Die Sonne scheint von rechts ins Gesicht und auf dem Tisch, die Zeitung. Kultur ist auch einfach definierbar. So wünscht man sich den Morgen, ja, jeden Morgen in Frankfurt. Kurz ist die Überlegung da, ein Zugticket nach Leipzig, nur so, mal spontan vorbei. Doch dann denkt man an die vielen Dinge, die noch so unfertig herumliegen, da, auf dem Weg, auf dem man sich, eigentlich frei, bewegen möchte. Deshalb bleibt man doch in Frankfurt und nimmt sogar die U-Bahn Richtung Uni. Dort immer noch das Schild über den Aufzügen: Seit dem 1.1.93 halten die Aufzüge nur noch in den Stockwerken E, 1, 9, 17, 25 und 33. Enttäuschung und ein leichtes Grinsen macht sich im Gesicht breit. Ein paar Umarmungen, ein paar "Hallo!" und der Salat mit Thunfisch draussen auf den Holztischen mit den Anderen. Dazu zwei, drei verstörende Gespräche mit dem Unipersonal und es drängt der nächste Milchkaffee. Beruhigung. Die U-Bahn kommt.
Susanne Fröhlich über mir: "Susanne Fröhlich bleibt sich treu." Nicht die einzige Lüge an diesem Tag.


Dienstag, Oktober 17, 2006

Die Herman


Die Intellektuelle spricht vom Postfeminismus, die ehemalige Tagesschaumoderatorin Eva Herman stellt in Frage, was durch den Feminismus erreicht werden sollte. Was ist neu an dieser Entwicklung? Es ist zu allererst nicht verwunderlich, dass irgendeine Halbprominente aus dem öffentlich-rechtlichen die Gunst der Stunde nutzt um ein bisschen Geld zu verdienen, hat sie doch mittlerweile zwei Kinder, die sie verpflegen und mit Elitelehrern versorgen muss. Doch verwunderlich ist diese Debatte, die der Generation derer entrissen wird, die sich auszutragen haben, nämlich den Kindern der Feministinnen.

Die über die Medien Fernsehen und Zeitung getragene Empörung um die Kinderlosigkeit der Deutschen war der Anstoß zu der Rückdrängung der Frau in die Rolle der Hausfrau und Mutter. Spannend ist dabei, dass die Entscheidung für Kind oder Karriere für die Frauen der jüngeren Generation gar nicht mehr so gestellt wird. Für uns ist längst klar, dass Familie und Beruf vereinbart werden sollen. Für uns ist klar, dass wir Kinder kriegen möchten. Genau deshalb liegt Herman falsch, sie argumentiert für eine Altersklasse für die die Frage schon längst passé ist (rein biologisch, die Frau hat selbst spät Kinder bekommen). Die von den Feministinnen geführte Debatte ist längst nicht mehr ob frau Kinder bekommen möchte, sondern sie zielt auf die Forderung ab, das Angebot von Kindergärten und Ganztagsschulen zu erweitern, damit die Möglichkeit (!) besteht, beides besser zu vereinbaren. Damit eingeschlossen ist nicht mal der Wunsch dies zu tun, darin impliziert ist das einfache Unverständnis darüber, dass trotz eines Fortschreitens der Frau auch in höhere Etagen der Berufshierarchien, immer noch kein adäquates Angebot zur Kinderversorgung besteht.
Mit welchem Frauenbild werden wir hier konfrontiert? Auf welche Werte bezieht sich Herman? Was Herman fordert ist die Rückbesinnung auf alte Werte, auf Werte die ihre Berechtigung daraus beziehen, dass sie in vergangenen Zeiten Gültigkeit besaßen. Sie übersieht was die Emanzipation erkämpft hat: Das Recht als Frau über sich selbst zu bestimmen, unabhängig von einer Religion, die Abtreibung verteufelt; einem Staat, der ausstirbt, weil es zu wenig Kinder gibt; unabhängig davon was Männer dazu sagen. Und da hilft einem ein Buch wie dieses wohl kaum weiter.

Montag, Oktober 16, 2006

Die Schleife in uns.

Was denken wir uns eigentlich dabei, wenn wir nachts um halb 2 billige B-Filme auf irgendwelchen Spartenkanälen schauen? Was treibt uns an, mit weißen All-Inc-Armbändern an verdreckten Stränden zu hocken und faden Kaffee in uns hinein zu schütten? Was möchten wir, wenn wir 3 Euro Weine aus schlechten Supermärkten trinken, nur damit wir am nächsten Tag 2 Schmerztabletten mit Wasser herunterschlucken, um den Kopfschmerz für einige Zeit zu vergessen?
Woran glauben wir, wenn vor uns das Loch Ground Zero schwarz mahnt und hinter uns zu Recht wütende Demonstranten "Verschwörung" rufen? Worauf warten wir, wenn wir an immer den gleichen Abenden mit immer den selben Freunden über Campingplätze in der Toscana reden? Was vergessen wir, wenn wir mal wieder über die fernsehgeilen Öffentlichkeitsmonster aus den Talkshows lachen? Was fühlen wir in den vollen U-Bahn Abteilen mit dem debilen Geschwätz und den tausend, fremden Augen? Was bereuen wir, wenn wir von abgelaufenem Fleisch und 23 Toten bei einem Zugunglück lesen? Wo verstecken wir uns, wenn kein Ort mehr ungelebt ist?
Wie heißt es so treffend: das sind nur ein paar Fragen von ungefähr 6tausend.

Freitag, Oktober 13, 2006

Chronik als Fernsehverlauf

Es sind solche, seltsamen Tage, in denen Veränderungen so überaus schnell passieren. 11-10-06. Um kurz nach Zehn sehe ich im Internet eine Meldung die ich sofort anklicke: Ein Flugzeug soll in New York in eine Hochhaus geflogen sein. Ich schalte den Fernseher ein.

Die deutsche Fußballnationalmannschaft spielt in der ARD gegen die Slowakei. Beckmann spricht angestrengt emotional, aber nicht über New York. Im ZDF schaut Claus Kleber mich mit dem gleichen schiefen Sitz wie immer an. Er redet über Politiker und ihre Nebeneinkünfte. Keine Spur von New York. Ich drücke die Fernsehtexttaste auf meiner Fernbedienung. Da, gleich die erste Meldung, ich soll die 1,2,0 eintippen: "In New York ist ein Flugzeug in ein Gebäude gekracht".Im nächsten Moment bin ich bei Günther Jauch, Stern TV, RTL. Jauch spricht kurz über die Meldung, wendet sich dann jedoch einem Gesprächspartner zu, der in seiner anderen Sendung auf RTL am vergangenen Samstag eine Millionen Euro gewonnen hat.

Sie reden über den Unterschied 1 Millionen und 37,5 Millionen zu gewinnen.
N-TV will mehr wissen, sie haben sich in das laufende CNN Programm eingeschaltet.

Der CNN Moderator wird simultan übersetzt. Ich sehe ein Kamerabild, aufgenommen aus dem Font eines Lieferwagen. Kleine Regentropfen erkennt man auf der Scheibe des Wagens. Zwei Polizisten stehen verteilt auf der Strasse, außerdem sind da viele Menschen, einige telefonieren. Die Kamera wackelt sehr, ich sehe nicht viel.

Der Nachrichtensprecher von N-TV übernimmt mit sonorer Stimme und einem Dankeschön an den Kollegen Übersetzer wieder das Programm. Wir schalten per Telefon zu einem Korrespondenten nach New York. Im Hintergrund werden sehr wackelige Bilder von einem Gebäude mit rauchenden Stockwerken gezeigt.
Ich schalte nochmal zurück zu Claus Kleber. Der ZDF-Mann spricht über Energiepolitik. Mir reicht es. Ich suche auf der ARD-Seite den Download der Tagesthemen.

Susanne Holst spricht mit Ihrem Kollegen Michael Heussen über dessen Einschätzungen. Der Korrespondent redet noch von einem Hubschrauber oder Flugzeug, das in das Gebäude geflogen sein soll. Das ist alt, eine halbe Stunde alt.

Ich suche CNN International. Auf dem Programmplatz 26 werde ich fündig. Dort steht ein weisshaariger Mann vor großen roten CNN Buchstaben.

Er verspricht sich relativ oft, wirkt sonst jedoch unaufgeregt. Schnell wird klar CNN weiss noch mehr.

Sie wissen schon wer das Flugzeug geflogen hat: Corey Lidle, ein Pitcher der New York Yankees, dem New Yorker Baseball Team. Angeblich hat man seinen Pass bei den Trümmern gefunden. Der Weisshaarige schaltet zu seinem Kollegen, dem Anchorman Miles O`Brien, telefonisch. Das Bild teilt sich in sechs verschiedene Splitscreens.

Oben links ist das Bild des momentane Gesprächspartners eingeblendet. In der Mitte, unten links und oben rechts sind Bilder von Strassenzügen, dem Hochhaus und Menschen in Wiederholungsschleifen zu sehen. Unten rechts ist Corey Lidles Bild. Das Bild eines Profisportlers, eines us-amerikanischen Baseballvereins. Zwischendurch schalten wir wieder zum Weisshaarigen.

Danach erzählen Passanten kaum verständliche Dinge ins Mikrofon. Ein paar Menschen laufen durchs Bild mit dem Handy am Ohr. Einer winkt in die Kamera.
Zurück zum sechsteiligen Fernsehbild, der Anchorman hat noch was zu sagen.


Im kleinen Bild rechts oben kommt es zu einer seltsamen Szene. Ein Soldat mit Maschinenpistole hindert einen Mann mit grünen Sakko am weitergehen. Der Mann versucht es trotzdem, zwei Polizisten kommen hinzu.

Plötzlich ist Michael Bloomberg, der Bürgermeister von New York, voll im Bild.

Er spricht zu den Journalisten. Hinter Bloomberg stehen mehrere Männer, einer ist mit riesigem Helm als Feuerwehrchef identifizierbar.

Der Mann senkt und hebt mehrmals den Kopf während der Bürgermeister redet.

Der Crash des Flugzeuges in das Gebäude in Manhattens Lower Eastside wird als Unglück eingestuft.
Ich schalte zurück zu N-TV. Heiner Bremer sitzt im Gespräch mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Sie reden nicht über New York, das können Sie auch nicht, die Sendung ist aufgezeichnet. Das durchlaufende, rote Band unten im Bild schreibt: "Das Heimatministerium der USA erklärt, es gebe keine Gefahr eines terroristischen Anschlages." Ich schalte den Fernseher aus.

Montag, Oktober 09, 2006

Arbeit und Leben

Zwei Begriffe deren Schnittmenge immer größer wird. Abends um kurz nach acht, wenn wir mit Aktenkoffer und Nadelstreifenhose auf der Rolltreppe die Seite eins der Zeitung von Morgens lesen. Wenn wir losrennen, weil wir noch vor Ladenschluss ein aufgebackenes Weizenbrot kaufen müssen. Auch dann, wenn die Heimfahrt nicht mehr reicht um abzuschalten; "herunter zu kommen" von der Zeit-klau-Dienstleistung-Arbeit.

Dann suchen wir Orte der Glückseligkeit auf. Orte, die eine Ruhe nach der anderen geben ohne selbst zu ermüden. Es sind Parks, Cafes, Bahnsteige oder Flughafenhallen, die nicht leise sind, bloss nicht, aber deren Lautstärke ertragbar ist, wie das Schnurren des Katers auf dem Bauch, wenn es abends gemütlich wird im alten Ohrensessel von Tante Hildegard.

Samstag, Oktober 07, 2006

Gestandene Journalisten


Gestandene Journalisten. Zwei Lieblingswörter der letzten Zeit.
Wenn gestandene Journalisten über mögliche Themen der nächsten Sendung diskutieren, so tuen sie dies nicht wie Oma Ließschen und Nachbarin Gertrud beim Kaffeetratsch über Hermanns von nebenan. Nein, gestandene Journalisten wiegen die Themen nach journalistischen Gesichtspunkten, wie Relevanz für das Zielpublikum, Aktzeptanz in der Redaktionsversammlung und der journalistischen Vertretbarkeit eines Themas ab. Man sagt es gibt auch Journalisten, die dabei Kaffee trinken und Zigarette rauchen. Insofern haben sie dies mit Oma Ließschens Kaffeekränzchen gemein. Aber bitte nur dies.

Donnerstag, Oktober 05, 2006

Angstrepublik Deutschland

Die Angst, eine der Hauptdynamiken unserer Gesellschaft, hat eine lange Geschichte. Oft wird die Angst als umhergehendes Gespenst beschrieben. Ein Gespenst deshalb, weil sie so unerklärlich bleibt, wie eben jenes luftige Gewand, welches immer, umgeben von Schlossmauern, in Märchen auftaucht.
Vom Märchen in die Realität ist es bekanntlich nicht weit, besonders nicht, wenn es gilt ein Geschäft am laufen zu halten.

Angstrepublik Deutschland - ein Gespenst geht um

Dienstag, Oktober 03, 2006

Dem dunklen Herbst entgegen


Es war so dunkel hier, deshalb zog ich das Blog ans untergehende Licht eines Abends im Spätsommer.